Dresden muss sparen. Dies bezieht auch die Dresdner Verkehrsbetriebe mit ein. Zurecht fragen sich daher viele Bürger und Nutzer seit Wochen, wohin die DVB nun steuert?
Wir haben uns in der letzten Stadtratssitzung im Februar mit der Mittelfreigabe von bis zu 1,6 Millionen Euro lediglich Zeit erkauft, um noch einmal über Lösungen für die Finanzmisere bei den Dresdner Verkehrsbetrieben (DVB) und mögliche Angebotskürzungen zu beraten. Mit großer Mehrheit hat das Gremium die von den DVB vorgeschlagenen Einsparmöglichkeiten abgelehnt, will stattdessen nun nach alternativen Lösungen suchen.
Dazu unser verkehrspolitischer Sprecher Veit Böhm:
„Es braucht eine Vision für den ÖPNV in unserer Stadt. Als CDU-Fraktion im Dresdner Stadtrat fordern wir von den Vorständen Vorschläge, wie wir das Liniennetz in der Innenstadt neu denken können. Ohne eine Neustrukturierung des Netzes wird es nicht gehen.
Im vergangenes Jahr erreichte der ÖPNV in Dresden eine neue Höchstnutzerzahl. Anstatt der jetzt diskutierten Angebotskürzungen wollten wir über einen Ausbau des Nahverkehrs sprechen. Schon allein mit Blick auf die vielen Pendler, wäre ein Ausbauszenario, besonders in den Randbereichen, unumgänglich. Die CDU setzt sich auch nach wie vor dafür ein, die Dresdner am Stadtrand nicht vom ÖPNV abzuschneiden.
Jetzt hat sich allerdings herausgestellt, dass das Ausrufen der Verkehrswende bei der EU und in Berlin nur ausreicht, um die ersten Meter zu machen. Wir haben inzwischen festgestellt, dass wir das als Kommune nicht mehr meistern können in der Qualität, wie wir uns das gewünscht haben. Damit müssen wir nun umgehen.
In der Realitiät sieht es jetzt so aus. Den DVB fehlen dieses Jahr rund 18 Millionen Euro. Die Verkehrsbetriebe haben erste Vorschläge unterbreitet, wie sich das einsparen lässt. Eine breite Mehrheit im Stadtrat hat diese zurecht abgelehnt.
Als Fraktion hatte wir bezüglich der Vorschläge begründete Bedenken. Die 18 Millionen Euro kommen ja nur aus dem operativen Geschäft. Für Investitionen in den Fuhrpark, in Technik und in die Strecke reden wir von bis zu weiteren 150 Millionen Euro in den nächsten Jahren – auch, weil die DVB gar nicht mehr in der Lage sind, trotz hoher Fördersummen ihren Eigenanteil zu stemmen. Das läuft künftig über die Stadt. Und wir haben den jährlichen Zuschuss von 55 Millionen durch die TWD. Das ist Geld, das wir sonst für Kitas, Schulen, Kultur oder Sport ausgeben könnten.
Wir sehen das Problem, dass mit den bisher vorgelegten Einsparmöglichkeiten insbesondere das Angebot für die Pendler in den Randlagen beschnitten wird. Dresdner, die in Striesen oder Mickten wohnen, können auf verschiedene Linien zurückgreifen. Wenn die Straßenbahnen künftig zwei, drei Minuten später kommen, dann ist das vielleicht unschön. Ich glaube aber nicht, dass sie deshalb ins Auto umsteigen. Wer weniger Verkehr in der Innenstadt will, darf nicht den Pendlern in den Randlagen die Chancen nehmen. Wenn wir den Takt hier weiter ausdünnen, können wir es irgendwann auch ganz lassen.
Kritiker warnen jetzt panisch vor überfüllten Bussen und Bahnen und führen einen Zwölf-Minuten-Takt als Schreckensgespenst an. Das geht an der bereits eingesetzten und gelebten Praxis vorbei. Es ist doch deutlich schwieriger, wenn wir im Randbereich auf den Ein-Stunden-Takt zurückfallen, als wenn in der Innenstadt Fahrgäste mal ein paar Minuten länger warten müssen.
Als Fraktion fordern wird von den Verkehrsbetrieben, verschiedene Varianten für Verbesserungen vorzulegen. Varianten gibt es viele. Wir erwarten von der Geschäftsführung der DVB eine Vision, wie sie in den nächsten Jahren mit einem fixen Budget, gekoppelt mit einem Inflationsausgleich, hinkommen wird. Dazu muss man sich aus unserer Sicht das gesamte Netz anschauen: Haltestellen, Strecken, auch im Hinblick darauf, wo die breiten Stadtbahnwagen fahren können. Das Ziel muss sein, dass man ganze Straßenbahn- oder Buslinien einspart, indem man das Netz neu gestaltet und Überschneidungen zurückfährt.
Der Ansatz, beispielsweise die Linie 13 statt wie bisher nach Kaditz wieder nur bis Mickten fahren zu lassen, ist an sich sinnvoll. Dort, wo zwei, drei Linien nebeneinander fahren, lässt sich das Angebot zurückfahren. Damit die Menschen auf den stark nachgefragten Strecken bei einem etwas reduzierten Angebot mitgenommen werden, muss man aber auch schauen, dass dort dann auch die breiten Stadtbahnwagen fahren können. Das wird sicher nicht nur mit ein paar Umkonfektionierungen von Strecken laufen.
Konkret heißt das, wir müssen im Innenstadtbereich, wo wir Defizite haben, das Liniennetz neu denken und überlegen, wie wir auf den nachfragestarken Linien den Verkehr organisiert bekommen. Anderseits fahren wir auch nachts mit den großen Straßenbahnen, in denen dann teils nur zehn bis 20 Leute sitzen. Das ließe sich nachts stattdessen z.B. auch per Bus organisieren
Das können alles Überlegungen sein, von denen ich mir von den DVB eine Vision erwarte. Eine Idee ist auch, in nachfragestarken Zeiten Verstärkerbusse einzusetzen. Das sind alles Dinge, die muss man durchkalkulieren. Zugleich muss der Stadtrat alles auf den Prüfstand stellen. Aktuell gibt es Stadtratsbeschlüsse, die haben mit der aktuellen Situation gar nichts mehr zu tun.
Da stehen z.B. viele Fragezeichen hinter der Mobi-Welt. Grundsätzlich finden wir sehr gut, dass die Fahrräder aufgeräumt stehen und auch das Carsharing ist ein gutes Verkehrsangebot. Wir müssen uns aber vorerst wieder auf die Kernaufgaben der Dresdner Verkehrsbetriebe konzentrieren. Und diese ist ganz simpel: Da gibt es einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag der Stadt und da steht nicht wirklich die Mobi-Welt drin. Da drin stehen Busse, Bahnen, Fähren und Bergbahnen. Die Bergbahnen sind historisch ein Nahverkehrsmittel für die Anwohner. Das darf man nicht unterschätzen.
Wenn wir als Stadt eine halbe Million Euro Zuschuss zahlen für die Mobi-Bikes und im Gegenzug zwei Buslinien oder eine Fähre dichtmachen, da lassen wir lieber die Buslinien laufen. Die Mobi-Welt muss durch die Nutzer finanziert werden.
Der Stadtrat hat jetzt mit viel Geld zwei Monate Aufschub erkauft. Jetzt erwarten wir eine Vision von den Vorständen. Alle müssen das Ziel haben, dass wir auf baldige Sicht einen guten und starken Nahverkehr haben, der für alle funktioniert und mit 75 Millionen Euro Zuschuss im Jahr auskommt.“